Wer schon einmal ein Fachbuch als eBook für den Kindle bei amazon.de erworben hat, der stellt überrascht fest, dass es dafür keine „ordentliche” Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer gibt. Ein Vorsteuerabzug ist so nicht möglich.
Amazon begründet dies damit, dass die eBooks ausschließlich an private Kunden mit privaten Leseabsichten verkauft werden. Zwar kann man eine Rechnung anfordern, dies funktioniert aber für Firmen nur mit einem Pferdefuß.
Also, prinzipiell kann man an die Adresse kindle-support@amazon.de schreiben, die Nummer der Kindle eBook-Bestellung angeben und eine Rechnung anfordern. Amazon schickt dann eine Rechnung mit der Post. Rechnungsabsender ist die Amazon Media EU SARL. Das Dokument enthält eine Rechnungsnummer, einen Leistungserbringer, den Leistungszeitraum, ein Rechnungsdatum, eine VAT-ID, den Ausweis der luxemburgischen Mehrwertsteuer von 3 Prozent und den Leistungempfänger.
Pferdefuß
Allerdings darf man bei der Buchbestellung keinen Firmennamen als Rechnungsadresse angegeben haben. Wenn man das gemacht hat, dann trägt Amazon auf der Papierrechnung die Firma als „c/o” ein. Das sieht dann so aus:
Britta Mustermann
c/o Schlossreparaturdienst Smith GmbH
Hauptstr. 12
12345 Musterstadt
Das sollte man als Kunde gleich berücksichtigen, wenn man bestellt. Einen eigenen Firmenaccount bei amazon.de muss man nicht anlegen; man kann unter einem Benutzerkonto (also einer einzige E‑Mail-Adresse) sowohl unterschiedliche Lieferanschriften als auch unterschiedliche Rechnungsanschriften und unterschiedliche Zahlungswege pflegen (beispielsweise: AmEx-Privatkarte und AmEx-Businesskarte). Nur legt amazon.de bei Kindle-eBooks eben Wert auf das „c/o” vor dem Firmennamen. Ich habe mir unter meinem Account daher eine private Rechnungsanschrift hinterlegt (für wirklich private Bestellungen), eine Firmenanschrift (für Bestellungen mit physischer Lieferung) und eine c/o‑Firmenanschrift (für Kindle-e-Books).
eBooks nur für privat
In den Nutzungsbedingungen für Kindle eBooks schreibt amazon.de einen Verwendungszweck vor: „…diese digitalen Inhalte ausschließlich für die persönliche, nicht-gewerbliche und nicht-unternehmerische Nutzung durch Sie unbegrenzt viele Male anzusehen…”
Man darf seine eBooks also so oft lesen, wie man möchte – aber nur zum Privatvergnügen. Der Inhaber der Nutzungslizenz für das eBook ist folglich eine natürliche Person, keine Firma. Auch dann nicht, wenn es sich zum Beispiel um den Inhaber einer Firma handelt.
Wer das alles bei der Bestellung übersehen hat, der kann sowohl eBooks als auch das Kindle-Lesegerät zurückgeben; amazon.de kennt man als ziemlich kulant. Kritisch wird es, wenn man einen Kindle kauft, mehrere Monate später das erste eBook bestellt und dieses als Fachbuch für eine Firma als Betriebsausgabe geltend machen möchte.
Ein Gewerbetreibender erhält auf Anforderung eine ausreichende Rechnung. Die muss man jedes Mal anfordern, aber nach einiger Zeit bedeutet das nur noch wenige Sekunden Arbeit. Eine Firma im Sinne des HGB, also kein Gewerbetreibender, sondern eine juristische Person mit Handelsregistereintragung, erhält jedoch eine Rechnung, die nicht auf die Firma ausgestellt ist, sondern auf eine natürliche Person (im obigen Beispiel Britta Mustermann), welche zufällig unter der Adresse „Schlossreparaturdienst Smith GmbH” erreichbar ist – nichts anderes bedeutet das „c/o”.
Ob sich im Falle einer echten Firma ein Steuerprüfer bei einer Prüfung tatsächlich an dem „c/o” stört, kommt sicherlich auch auf den Einzelfall an.
Kindle vs. Kindle eBooks
Leider merkt der Kunde diesen Haken erst spät. Das Lesegerät Amazon Kindle kann man offenbar als Firma erwerben. Benutzen kann man es aber nur rudimentär, nämlich um eigene PDF-Dateien unterwegs zu lesen. Das Problem taucht erst auf, wenn der Kunde das erste Kindle eBook kaufen möchte und dann dessen Nutzungsbedingungen studiert – was die wenigsten Kunden vorab machen dürften. Der Businesskunde tappt also zunächst in die Falle, wenn er nicht genau aufpasst.
Erst vor dem ersten Kindle eBook-Kauf sind den Nutzungsbedingungen für die eBooks zuzustimmen. Denn es gibt einerseits die „Lizenzvereinbarung und Nutzungsbedingungen für Amazon.de Kindle” für die Anschaffung des Gerätes und andererseits die „Kindle-Shop Nutzungsbedingungen” für den Kauf von eBüchern!
Fazit
Das Verhalten von amazon.de ist rechtlich IMHO in Ordnung; kundenfreundlicher wäre es, vor dem Gerätekauf deutlich auf den Nachteil hinzuweisen. Aber, wie gesagt, das Gerät kann man ja auch einfach zurückgeben. Selbst wenn man schon ein eFachbook gekauft hat, gibt es Rückgabemöglichkeiten. Insofern passt das alles.
Wenn es – gemessen an den Verkaufszahlen – für amazon.de wirtschaftlich interessant wird, bestimmte Käufer nicht zu verlieren, dürfte sich das Unternehmen bewegen. Derzeit ist der Verlust an Umsätzen für den Medienkonzern vermutlich marginal. Das gleiche gilt, wenn ein nennenswerter Anteil der Käufer Rechnungen nachfordert. Bei meinem letzten 14,99 Euro-Kauf hat mich ein Mitarbeiter nach meiner Anforderung der Rechnung telefonisch kontaktieren (wegen des „c/o”), und dann kam die Rechnung per Post. Das verursachte bei amazon.de vermutlich Personal‑, Material- und Portokosten in Höhe von einem Drittel dieses Umsatzes.